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Verliert die Menschheit das Vertrauen in sich selbst?

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Foto von Lars Weber

Lars

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Aufklärung? Da war doch mal was. Ja, genau, die Befreiung des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Kants Kategorischer Imperativ. Er scheint gerade ersetzt zu werden vom Algorithmischen Imperativ, der da heisst: Gegenaufklärung, das ist die freiwillige Unterwerfung des Menschen unter seine algorithmisch verschuldete Unmündigkeit. Die Emanzipation des Einzelnen von feudaler und religiöser Unterdrückung, die mit der Renaissance begann, die den Menschen in den Mittelpunkt rückte, seine Schaffenskraft entfesselte, seinen Geist befreite, seine Schönheit feierte, droht im engmaschigen Netz des Tech-Feudalismus zu verkümmern. Dieses Selbstvertrauen, das einst das Gottvertrauen ablöste, weicht nun dem Code-Vertrauen.

Mit fiebriger Ungeduld und doch fast gerührt beobachten die Profis des Geschäftslebens die sich exponentiell verbessernden Gehversuche der AI, ihre Halluzinationen, ihre kleinen Irrtümer, ihre Glitches und Twitches, ihre einschmeichelnde Komplizensprache, ihre Manipulationskunst, der man begegnet, als sei es der niedliche Imitationsdrang eines gefallsüchtigen Kleinkindes. „Haha, klar!“, klopfen sie sich selbst auf die Schulter, „wir sehen doch, wenn du uns etwas vormachen willst, aber mach´ ruhig weiter. Wir sind schließlich die Erwachsenen, die das Heft des Handelns in der Hand halten. Wir suchen uns selbst aus, was wir dir glauben und was du für uns tun darfst.

Stellen wir uns irgendein Meeting vor, eine Frage steht im Raum, nach nicht mal 3 Sekunden wird sie in die Tastatur gehackt und AI hat auch gleich die Antwort, lässt uns sogar an ihren „Recherchen” teilhaben, die eigentlich unentgeltliche Plünderungen geistigen Eigentums sind, und präsentiert uns die Ergebnisse im Duktus der Gewissenhaftigkeit.

Die Binnenlogik mag stimmen - meistens. Die Auswahl und Verlässlichkeit der Quellen wird jedoch selten geprüft. Die Tiefe der Recherche interessiert keinen so richtig. Außerdem gibt es ja die Option „Forschen”, oder so, je nach Anbieter. Das klingt schon fast wissenschaftlich und wird es dann wohl auch sein. Aber nicht zu wissenschaftlich, also nicht unbequem- schwierig wissenschaftlich, sondern verwertbar, verkaufsfördernd. Computer sollen seit Jahrzehnten all unsere Probleme lösen und die Künstliche Intelligenz muss uns jetzt aber mal wirklich retten. Vor unserer Zeitnot, vor schwierigen Beratern, vor unseren unzureichenden grauen Zellen - vor immer ein bisschen zu wenig Effizienz.

Nur vergessen wir dabei allmählich: Die Artificial Intelligence ist eigentlich eine simulierte Intelligenz. Das selbstständige Denken - schon immer ein bedrohtes Gut - wird mit ihr delegiert an große Sprachmodelle, die massenhaft das schon Gedachte befragen und dann suggerieren, sie hätten selbst gedacht. Aber nichts Ungedachtes, Ungesehenes, Ungeahntes kommt dabei heraus. Nur der zweckmäßige Aufguss alten unvollständigen Wissens.

So wie auch - nicht ganz zufällig - in gegenwärtiger Politik und Kultur. Der totgeglaubte Imperialismus kehrt zurück. Maskuline Massenmörder begründen ihr Tun wie im 19. Jahrhundert mit der angeblichen Entehrung ihres Landes, aus Krise wird Krieg, während auf der Gegenseite aus Entrüstung Rüstung wird. Aufklärung wandelt sich zu militärischer Aufklärung, also zum Ausspähen des Feindgebietes. Erschaffen wird dabei: Nichts. Ganz im Gegenteil. Ein Zerstörer von Weltformat lebt auf der einen Seite des Atlantiks seinen Vernichtungswahn aus. Auf der anderen Seite des Ozeans sehen wir die bloße entfesselte, gelegentlich debile Gier, die ihre Ziele mit Lüge und Erpressung verfolgt. Das ist unsere neue Normalität.

Nicht Einsicht und Menschenfreundlichkeit bestimmen das Geschehen, sondern erpresserische Gewalt, wie meistens, wenn die Menschheit das Vertrauen in ihre Menschlichkeit verliert.

Dazwischen die 27 europäische Staaten plus Großbritannien, die sich mal bei den Unverfrorenen einschleimen, mal zu kurzen Taten der Einigkeit aufschwingen, aber eigentlich von den Borderlinern der Weltpolitik nur immer weiter in die Defensive gescheucht werden wie hilflose Eltern. Immer etwas verspätet und oft kopflos. Sowas, jedenfalls, kann AI ja wohl nicht passieren. Sie erledigt stoisch ihren Job. AI-Maschinen simulieren das Denken zwar nur. Aber sind wir nicht längst eine Gesellschaft, die sich mit Surrogaten abgefunden hat? Fake Freundschaften, Fake Nachrichten, Fake Identitäten. Alles simuliert. Warum dann nicht auch das Denken faken? So bekommen wir doch immerhin mehr Zeit und Hilfsmittel für die Erschaffung unserer perfekten Selbst-Simulation, unserer digitalen Identität. Ohne die wären wir schließlich alle nackt. Oder? Und die echte Welt? Das wahre Leben? Der endliche Planet?

Das lassen wir alles bedenken und durchrechnen. Von Computern mit AI. Wenn wir genug Rechenzentren haben, ist das kein Problem. Kriegen wir alles simuliert. Vertraut uns, äh, also nicht direkt uns, wir sind nur Menschen, sondern vertraut der großen Simulation. Nicht nur des Denkens, sondern von allem.

Freut Euch auf die Denaissance und gebt Euer Gehirn an der Garderobe ab. Die Garderobenmarke werft ruhig weg. Ihr werdet es ohnehin nicht zurückbekommen. Das ist die neue Freiheit. Ihr müsst sie nur noch verstehen. Ohne Angebliche Intelligenz - sprich AI - wird das aber nichts. Überlegt Euch also besser schon mal Euren weltbewegenden Prompt - statt selbst den Dingen auf den Grund zu gehen.

Oder: Denkt selbst. Fühlt selbst. Handelt selbst. Vertraut selbst. Euch und Anderen. Und erkennt, was echt ist. Fangt am besten bei Euch selbst damit an und vergesst nicht, dass menschliche Kreativität sich nicht ersetzen lässt. Denn AI, die Angebliche Intelligenz, ist so gut darin, das Erwartete zu liefern, dass sie dadurch einen riesigen Bedarf für das Unerwartete hervorbringt. Vertraut Eurem Einfallsreichtum. Entdeckt ihn für Euch selbst und Euer Unternehmen.

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